Tydmers 06 - Die Bluetenfrau by Sandra Luepkes

Tydmers 06 - Die Bluetenfrau by Sandra Luepkes

Autor:Sandra Luepkes [Luepkes, Sandra]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Belletristik/Krimis, Spionage, General, Thriller, Cozy, Mystery & Detective, Fiction, Women Sleuths
ISBN: 9783644412217
Google: SohtAgAAQBAJ
Herausgeber: Rowohlt Verlag GmbH
veröffentlicht: 2009-10-05T20:59:08.354000+00:00


22.

Mimulus (Gefleckte Gauklerblume)

Botanischer Name: MIMULUS GUTTATUS

Blüte gegen Ängste, Schüchternheit und innere Anspannung

Lateinprüfung. Es war der zweite Versuch. Sie sollten irgendeine Rede von irgendeinem Feldherrn übersetzen. Ihr Lehrer war in Ordnung, fand Griet. Er versuchte immer, das Interesse der Schüler zu wecken. Aber wer wollte wirklich wissen, was so ein militantes Arschloch vor zweitausend Jahren zum Thema Krieg und Frieden gesagt hat?

Griet bereitete der Text keine Schwierigkeiten. Sie war gut in Latein. Sie war auch gut in Mathe. In Deutsch. In Englisch. In den Naturwissenschaften. Sie war in allem gut, außer vielleicht in Musik und Kunst, da stand sie zwischen zwei und drei. Ihren Mitschülern erschien es unheimlich, dass sie nicht lernen musste und trotzdem alles verstand. Griet fand es normal. Sie kannte es nicht anders. Früher hätte sie auf diese bescheuerte Begabung lieber verzichtet, die sie vom Rest der Klasse abgrenzte. Heute war es ihr egal.

«Ich weiß, euch ist nicht danach, einen Test zu schreiben. Es ist schrecklich, was mit Allegra passiert ist. Aber wir stehen kurz vor den Zeugniskonferenzen, ich brauche diesen Leistungsnachweis. Sollte die Arbeit von überdurchschnittlich vielen in den Sand gesetzt werden, kann ich immer noch beantragen, dass sie nicht in die Wertung einfließt.» Herr Nettahn grinste hilflos und sammelte die Arbeitszettel ein. Zu Beginn der Stunde hatte er jeden eindringlich ermahnt: «Wenn ihr irgendetwas wisst, wenn Alli irgendwas Ungewöhnliches gesagt oder getan hat, dann müsst ihr das der Polizei sagen, okay?»

Griet fiel dazu nichts ein. Sie hatte mit Allegra kaum etwas zu tun gehabt. Sie hatten völlig unterschiedliche Interessen. Was kümmerten Griet Katzen, Musicals, Fernsehserien oder Jungs? Den Kopf zerbrach sie sich lieber über andere Dinge. Und seitdem sie sich durch ihre schwarze Kleidung auch nach außen hin ganz bewusst abgrenzte, ließen die anderen sie in Ruhe.

Griet packte ihren Kram in die Tasche und verließ den Raum, in dem sie die letzten sechzig Minuten über lateinischen Vokabeln gebrütet hatte. Sie ging langsam, denn sie hatte es nicht eilig, nach Hause zu kommen. Zwar war es inzwischen schon fast vier Uhr, der Tag also so gut wie gelaufen, dennoch hatte Griet keinen Bock, ihrer Mutter zu begegnen. Immer wieder dieses Gelaber zu Hause. Und diese Scheinheiligkeit. Das kotzte sie an.

Einige Schüler der Unterstufe schlängelten sich rechts und links an ihr vorbei und sagten kurz «Sorry», wenn sie ihr zu nahe kamen. Die Kleinen hatten Respekt vor ihr. Denn obwohl das Gymnasium mit über eintausenddreihundert Schülern relativ groß war, wusste jeder, wer sie war. Griet Vanmeer – die Hochbegabte. Die Grufti-Tante. Die, bei der der Kinderschänder lebt.

Das Gewimmel auf dem Schulhof glich einem Durcheinander von Insekten, die im Unterholz ihren verschiedenen Aufgaben im Ökosystem nachgingen. Die dicken, schwerfälligen Schüler (die Käfer) schafften sich Platz in der Enge der Fahrradständer. Die agilen (die Ameisen) kümmerten sich um ihre Verabredungen, Liebesbeziehungen, Wochenendpartys. Die schüchternen, unscheinbaren (die Asseln) passten auf, dass niemand ihnen zu nahe kam und sie möglichst immer im Schatten standen. Griet überlegte, was für ein Insekt Allegra Sendhorst gewesen war. Eine Köcherfliege vielleicht? So eine filigrane, empfindliche Mücke,



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